Antisemitische/antimuslimische Vorfälle
Der Nahostkonflikt ist auch in Schulen ein kontroverses Thema. Ein Phänomen, das die Stimmung anheizt, ist der Umgang mit Kriegsbildern in Social Media Kanälen. Was Nachrichten-Zuschauer nicht zu sehen bekommen gibt es z.B. auf Instagram und Tik Tok ungefiltert: Grausames Leid, unverpixelte Leichen, weinende, verletzte und entwürdigte Menschen. Das ist schon für Erwachsene schwer auszuhalten, so Hédi Bouden, Lehrer an einem Gymnasium im Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg. Er schaut sich an mit welchen Kriegsbildern die Kanäle seiner Schülerinnen geflutet werden. Und bietet in Hamburg einen außerschulischen Lernraum an, in dem sich Klassen über den Nahostkonflikt auseinandersetzen können. Hier können sich verschiedene Klassen anmelden und sich mit dem Nahostkonflikt künstlerisch auseinandersetzen. Dabei entstehen Zeichnungen, Gedichte und Tanzchoreografien.
Ort der Entschleunigung
Ruben Herzberg wünscht sich solche Räume dauerhaft, in denen alle Emotionen von Schüler:innen zu aktuellen Konflikten zugelassen werden können. Er war viele Jahre Schulleiter und ist aktuell für die jüdische Gemeinde Hamburgs im Schulbeirat. Außerschulische Friedensräume seien wichtig, in denen pädagogisch geschultes Personal Klassen einlädt, um sich gemeinsam aktuellen Konflikten zu widmen. Nicht nur in Hamburg, sondern am besten bundesweit. Die Hamburger Kulturbehörde schreibt auf Anfrage, man arbeite gemeinsam mit der Schulbehörde an einem neuen Rahmenkonzept, um die Auseinandersetzung mit Konflikten zu ermöglichen.
Deeskalierender Umgang mit Krieg und Krisen
Hédi Bouden macht mit seinen Schüler:innen die Erfahrung, dass sich Themen wie der Nahostkonflikt deeskalieren lassen. In seinen Klassen seien die Schüler:innen überwiegend muslimisch. Sobald er hinhöre und ihren Gefühlen Raum gebe seien sie offen, sich auch für andere Menschengruppen einzusetzen, die Rassismen erfahren und vor allem auch gegen Antisemitismus.
Antisemitische und antimuslimische Straftaten
Laut Bundeskriminalamt gab es seit dem 7. Oktober bis November 2023 rund 1500 antisemitische Straftaten im Kontext des aktuellen Nahostkonflikts. Davon wurden rund 700 Straftaten als antisemitisch eingestuft und die Zahl der islamfeindlichen Straftaten bewege sich im unteren zweistelligen Bereich. In beiden Fällen seien Straftaten aus den Bereichen Sachbeschädigung und Volksverhetzungen gemeldet worden.
Die Polizei Schleswig-Holstein registrierte Straftaten im oberen zweistelligen Bereich mit Bezug zum Hamas-Angriff gegen die Zivilbevölkerung in Israel. Ob die Straftaten in Teilen antisemitisch oder islamfeindlich motiviert waren, lasse sich derzeit nicht bewerten. Die Meldestelle für Antisemitismus hat allein in Schleswig-Holstein seit dem 7. Oktober 33 Vorfälle mit direktem Bezug zum Terrorangriff registriert. Ein Schwerpunkt liege mit 17 gemeldeten Fällen in Kiel.
In Niedersachsen registrierte die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus 78 antisemitische Vorfälle, darunter drei Fälle von Bedrohungen und ein Angriff bei dem eine Frau bespuckt und beleidigt wurde. Das Landeskriminalamt Niedersachsen hat 88 antisemitische Straftaten registriert und 12 islamfeindliche.
In Mecklenburg-Vorpommern wurden 11 antisemitische Vorfälle gemeldet.